Um es gleich zu sagen: Raoul Thalheim ist ein Pseudonym. Antaios erhält ab und an derlei Manuskripte, aber diesmal waren zwei Dinge anders als sonst: Erstens reichte "Thalheim" einen Roman für die erst vor kurzem entstandene edition nordost ein, einen sehr gut geschrieben Roman, der zudem - grob gesagt - in unserer "Szene" angesiedelt ist; und zweitens verriet Thalheim seinen wirklichen Namen nicht, auch nicht auf Nachfrage. Nur soviel: Wir wären mehr als erstaunt, wenn wir es denn erführen, wir kennten ihn sicher nicht persönlich, aber seinen Namen - denn kennten wir ohne Zweifel.
Hirnhunde spielt in Dresden, die Hauptperson heißt Marcel, er ist Reporter bei einer konservativen Wochenzeitung namens "Freigeist", die sich selbst nicht für rechts hält, sondern für ein redliches Bollwerk gegen die Beschneidung der Meinungsfreiheit. Marcel hat diesen Auftrag verinnerlicht - er ist um weltanschaulich gefärbte Objektivität bemüht, das Multi-Perspektivische ist seine Leidenschaft. Im wahren Leben ist er ein Sensibelchen, kommt bei den Frauen nicht an und hat auch ansonsten keinen Schwung. Ganz anders sein Kumpel Benjamin, der die Weiber reihenweise abschleppt, oder der Kamerad aus früheren Tagen, Eugen Rössler, der inzwischen aus guten Gründen Rosenbaum heißt. Als Marcel dann während einer Anti-Abschiebungsdemo noch die linke Agnes kennenlernt, verlassen die Gespräche die rechte Binnenperspektive, man trifft sich, versteht sich, liebt sich - aber das geht ein paar hartgesottene Antifas zu weit …
Antaios weiß mittlerweile, wer Raoul Thalheim wirklich ist, Hirnhunde hätte sonst nicht gedruckt werden können. Die Verblüffung ist in der Tat groß, diesen Schriftsteller hätte man hinter Hirnhunde nicht erwartet. Aber nun ist klar, warum das nur unter "Thalheim" geht. Und dieser Umstand sagt ziemlich viel über die Notwendigkeit der Meinungsäußerungs-Abwägung in Deutschland.
Hirnhunde - der Roman einer seltsamen Lebenswirklichkeit.