Nach der schonungslosen wie einschneidenden Untersuchung über Die Verachtung des Eigenen kehrt der Kulturphilosoph Frank Lisson zurück zu seinen Reflexionen über ein Leben „nach den Kulturen“.
Dem Homo Absolutus folgt die Gestalt des Homo Viator. Dieser knüpft an der antik-abendländischen Tradition des Widerstands „aus Einsicht in die Dinge“an. Als solitärer Wanderer geht er unaufgefordert auf Distanz zu den ihn umgebenden, aufgrund seiner Abseitigkeit ihm mißtrauisch begegnenden „Zivilisationsmenschen“. Deren zwangsläufig folgenden Verdächtigungen des Anderen, des Widerständigen, wird er stoisch begegnen. Der aristokratische Homo Viator geht seinen Weg: still, trotzig, abgeschieden, eigenwillig und allein. Er istdeshalb fortwährend unterwegs, weil er in der Übergangszeit „zwischen den Tendenzen“nur als Heimatloser wirken kann. Sah Ernst Jünger in seiner Zeit die Notwendigkeit zum Waldgang, wagt sich Lisson für die seine Epoche zu neuen Ufern. Die tiefschürfende Inthronisation seines widerspenstigen Typus steht ohne Frage in würdiger Nachfolge der Dekadenzkritik Nietzsches und Spenglers.
Reizvoll wird es auch, zu erfahren, in welche Richtung Lissons Homo Viator aufbricht. Kann diese Grundgestalt angesichts des selbstzerstörerischen Zivilisationsverfall eine Heimat finden?